Ich habe mich vor ca. einem halben Jahr für die Anschaffung eines DXRacer Formula in Schwarz / Rot (mit dem DXRacer 1 [etwa auf Amazon] identisch), dem "günstigsten" (UVP ca. 250€, ich habe ca. 190€ bezahlt) Produkt der Firma, entschieden und möchte Unentschlossenen nachfolgend einen kurzen Überblick darüber geben, ob und für wen sich so ein Stuhl lohnt.
1. Aufbau
Der Aufbau geht, insbesondere dann, wenn man zu zweit ist (und den Stuhl aus seinem gigantischen Karton bekommen hat), recht locker von der Hand und sollte in max. 30 Min. machbar sein. Im Wesentlichen gilt es, die Rückenlehne, Sitzfläche und das Drehkreuz (an dem noch die Räder befestigt werden müssen) miteinander zu verbinden. Anschließend kann, sofern gewünscht, noch ein Lordosen- und ein Kopf-/Nackenkissen am Sitz befestigt werden, wofür ich tatsächlich einen Moment Bedenkzeit benötigt habe, war das Befestigungsverfahren des Kopfkissen mithilfe eines Clips (notfalls geht einfach über die Lehne drüberstülpen auch, sieht von hinten nur nicht so ansprechend aus) doch in etwa genauso wenig intuitiv wie die des Lordosenkissens mithilfe eines Gurtes (oder so in der Art). Letztlich sieht dabei dabei Endergebnis, soviel sei vorweggenommen, auf beiden Seiten etwas komisch aus, fast so also sei der Stuhl gefangen genommen worden (Ich habe mich deshalb extra in der vergewissert, dass dieses Ergebnis gewünscht ist).
2. Aussehen
Ich habe mir den Stuhl in der oben abgebildeten Farbkombination schwarz/rot angeschafft (eine meiner präferierten Kombinationen), er ist dabei noch in anderen Kombinationen erhältlich. Mir gefällt dabei der leicht sportlich angehauchte Look des Möbelstücks, der aber dennoch weitestgehend schlicht ist (kein Muster auf der Rückenlehne / Rückseite usw.). Mir ist dabei zugegebenermaßen noch nicht ganz der Sinn der Plastikabdeckungen auf dem Drehkreuz aufgegangen (von ästhetischen Aspekten abgesehen), die lt. einigen Quellen auch, man lese und staune, "Fußablagen" seien sollen. Ich habe diese innovative Funktion just in diesem Moment ausprobiert und zu bin dem Urteil gekommen, dass mein Fußboden deutlich bequemer ist, würde also von einem derartigen Gebrauch klar abraten.
Wie oben bereits angesprochen und auf dem linken Bild auch zu erkennen, verläuft der Gurt des Rückenkissens (dessen Clips bei meinem Stuhl im Übrigen natürlich symmetrisch angeordnet sind) auf der Rückseite des Stuhls (ebenso wie die Befestigung des Nacken/Kopfkissens, je nach Größe). Auch wenn das tendenziell ein Sachzwang ist (mir fällt kein anderer Befestigungsweg [außer: gar nicht oder komplett fest] ein), war mir das zugegebenermaßen anfangs nicht bewusst (ich habe offensichtlich die Bilder nicht genau genug betrachtet) und ich habe es v.a. in der Anfangsphase als störend empfunden, dass der Stuhl entweder eingesperrt aussieht oder schlicht Hosenträger trägt. Beim Sitzen selber stört dieser ästhetische Schandfleck naturgemäß nicht, nach einer Zeit gewöhnt man sich auch von außen daran.
3. Komfort
Ich verbringe, wie wohl die meisten hier, jeden Tag mehrere (bis viele) Stunden auf einem (d.h. diesem) Stuhl, entsprechend wichtig ist es, dass er
- bequem ist
- meine Gesundheit nicht beeinträchtigt
Zu 1.) lässt sich feststellen, dass der "Chefsessel" im Großen und Ganzen das Attribut "bequem" verdient. Die Formula-Serie ist dabei, laut , für Personen ausgelegt, die unter 90kg wiegen und maximal 180cm groß sind. Ich bin ca. 190cm groß, müsste also nach dieser Logik min. zu der wesentlich teureren King-Serie greifen (die zudem auf mein doppeltes Körpergewicht, 135kg, ausgelegt ist). Dabei sind in meinen Augen, ausgehend von meinen persönlichen Erfahrungen, diese Angaben sehr konservativ. Mit o.g. "Specs" kann ich eigentlich recht angenehm auf dem Stuhl sitzen, gerade weil ich ausgesprochen selten vollkommen aufrecht sitze, sondern lieber ein wenig versinke (was, wie ich gehört habe, meinem Rücken nur bedingt gefällt, aber das sei hier jetzt kein Thema). Sofern ich ersteres dann doch mal tue (z.B. zum Testen für dieses Review hier), fällt durchaus auf, dass der Stuhl eigentlich für kleinere Personen ausgelegt ist - das Kopf/Nackenkissen sitzt ca. 5cm unter meinem Nacken, eine Position, die auf die Dauer nur beschränkt angenehm ist. Dennoch hätte ich auch hier noch die Möglichkeit, meinen Kopf gegen den Stuhl zu lehnen (eine Möglichkeit, die ich bei meinem alten Stuhl nicht hatte). Drastischer wird die Situation erst, wenn ich den Stuhl auf 90°-Neigung stelle. Dann empfiehlt es sich tatsächlich, das Kissen abzunehmen.
Generell betreibe ich den Sitz allerdings leicht nach hinten geneigt (ca. 95° was ein deutlich bequemeres Arbeiten ermöglicht als: |_). Damit sind die Fähigkeiten, den Stuhl zu verstellen, aber noch lange nicht ausgereift: Theoretisch möglich ist so ein Neigungswinkel von immerhin 135°, was, auch wenn von der 180 weit entfernt, schon nah an Liegeposition dran ist. In der Praxis sollte dieser Modus allerdings, sofern man nach keinem Bettersatz sucht (davon würde ich hier abraten, ich bezweifele, dass man ohne Rückenschmerzen aufwachen kann), nahezu irrelevant. Es ist nicht nur schwierig die Tastatur zu bedienen oder ohne sich mittelfristig einstellende Nackenschmerzen den/die Bildschirm(e) zu betrachten, sondern auch die Angst zu überwinden, nicht nach hinten zu fallen. Auch wenn der Stuhl, gerade wenn man, wie ich, deutlich unter der Traglastbegrenzung liegt, so wippt er in diesem Modus doch bedächtig hin und her, sobald man sich bewegt.
Der Stuhl bietet darüber hinaus die üblichen Komfortfunktionen eines guten Drehstuhls / Chefsessels / Nenn-es-wie-du-willst-Stuhls, sprich: Verstellbare Armlehnen (die m.E. noch ein kleines Stück höher sein könnten, derzeit gehen sie von 55,9 - 73,7cm), verstellbare Sitzhöhe (41,9 cm - 53,3cm, über angenehm leisen Gasdruck), (theoretisch) eine Wippfunktion von 3-17°, die ich aber bis heute nicht entdecken konnte. Dabei lässt sich der Hebel zum Verstellen der Sitzhöhe durchaus über eine Rein-Raus-Schiebmöglichkeit (Tilt-Lock), die aber bei mir nicht wirklich etwas bewirkt, was möglicherweise auch an meinem geringen Gewicht liegen kann (wobei mein alter Stuhl durchaus mehr gewippt hat). Dieses de-facto Fehlen der Funktion finde ich etwas bedauernswert, ein Weltuntergang ist es aber bei Weitem nicht.
Zu 2. kann ich, leider, nicht wirklich eine profunde Auskunft geben. Der Hersteller wirbt damit, dass der Stuhl "ergonomisch" sei, mit den zwei Kissen fühlt er sich auch total ergonomisch an, aber ob das wirklich der Fall ist, kann ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht seriös beurteilen - das wird mein Rücken wohl erst in ein paar Jahren können.
4. Haltbarkeit
Der Vorgänger dieses Stuhles an meinem Schreibtisch war ein No-Name "Chefsessel" aus einem größerem Möbelhaus für ca. 60,00€. Wie nicht anders zu erwarten, sah der mit seinem Kunstleder zwar recht schön aus, hat aber nicht lange gehalten. Problematisch war hier vor allem:
- die Sitzfläche
- die Armlehnen
- die Rollen
Ich neige dazu, auf meinen Stuhl, aus welchem Grund auch immer,
Die Armlehnen des Vorgängers waren aus Kunstleder und haben leider ziemlich oft Bekanntschaft mit meiner Schreibtischkante gemacht. Wie zu erwarten, haben die darunter sichtbar gelitten. Der DXRacer dagegen besitzt Armlehnen aus Nicht-Leder (ich möchte behaupten, es handele sich um Plastik), die der Kollision wesentlich entspannter entgegensehen. Leider sind sie allerdings auch, wie auf den Bildern zu sehen, kürzer und von der Sitzfläche getrennt. Das führt dazu, dass sie allenfalls "Unterarmlehnen" sind, auch eine Hand passt nicht mehr drauf. Im Gegenzug sind sie in der Mitte allerdings leicht eingekerbt, so dass sich das Stützen des Ellenbogens während des Bedienen der Tastatur als angenehm herausstellt.
Wovon ich beim ersten Testen des DXRacer angenehm überrascht war, sind die Rollen. Die Rollen des mittlerweile abgewrackten Stuhls waren, gerade auf Laminat (ich verwende unmittelbar unter meinem Stuhl durchaus eine Unterlage, zuweilen "rolle" ich allerdings auch durchs Zimmer), relativ laut, die des neuen Stuhls dagegen sind signifikant leiser (gewiss nicht unhörbar [auch nicht mit Kopfhörern, gerade ausprobiert]).
Allgemein ist der Zustand des Stuhls nach ca. 6 Monaten noch immer sehr gut. Ich habe keine wesentlichen Verschleißerscheinungen feststellen können (von meinen Haaren auf dem Kissen mal abgesehen).
5. Alternativen
Es sollte jedem bewusst sein, dass er, natürlich, auch die Marke beim Kauf eines DXRacer (oder welcher Marke auch immer)-Stuhls bezahlt (wie sonst sollten sie denn ihre Sponsoring-Aktivitäten bezahlen?). Wer daher auf das fancy Design verzichten kann, der kann natürlich zu klassischen Bürostühlen greifen (Ich würde von No-Name Produkten in Racing / Gaming-Design grundsätzlich abraten, das ist schlicht inkonsequent). Allen voran steht hier ein gewisses schwedisches Einrichtungshaus, das u.a. den "MARKUS" anbietet (Preis lt. Online-Shop: 139 / 159 €). Ich hatte in der Vergangenheit die Möglichkeit, Markus (ich bin zu faul für Caps Lock) für einige Wochen ausprobieren und möchte ihn daher kurz mit dem DXRacer vergleichen.
Markus besitzt eine noch höhere Rückenlehne (insg. +13cm, davon entstehen 5 cm durch eine niedrigere Sitzhöhe) und ist daher auch für größere Personen geeignet. Er ist zudem auch für schwere Menschen geeignet (getestet bis 110 kg). Generell sitzt es sich auf ihm deutlich anders, aber doch ziemlich ähnlich: nämlich bequem. Weder DXRacer noch MARKUS können durch deutliche Unterschiede im Komfort punkten (Der DXRacer lässt sich meines Wissens [ich konnte spontan keine Daten zu Markus finden] etwas stärker neigen, aber das ist aus o.g. Gründen nur bedingt alltagsrelevant). Im Kern lässt sich der "Konflikt" hier auf das Aussehen reduzieren. Und an dieser Stelle kommt es sicherlich auf die individuellen Bedürfnisse, Ansprüche und Empfindungen an. MARKUS sieht deutlich seriöser aus (ich würde mir niemals einen DXRacer ins Büro stellen) und hat zudem das Problem mit der Nacken/Kopfstütze besser gelöst, auch wenn sie dadurch nicht mehr optional ist. Der DXRacer dagegen sieht extravaganter aus und gibt dem Raum einen individuelleren Flair, der überdies mehr zu Gaming Equipment passt, das einen ähnlichen Ansatz verfolgt (z.B. die RGB beleuchtete Tastatur, Maus etc.).
6. Fazit
Der DXRacer ist ein durchaus gelungener Stuhl im mittleren Preissegment. Er überzeugt durch eine solide Verarbeitung, die dazu, bei angemessener Pflege, auch nicht sofort nach dem Auspacken zerfällt. Auch bei längerer Benutzung bleibt er bequem, kleinere Misshandlungen erträgt er kommentarlos. Dennoch spaltet er, wie alle DXRacer (und "Gaming") Stühle, die Geister - völlig zu Recht: Wer bereit ist, für ein ihn ansprechenderes Design mehr Geld als nötig auszugeben, der ist bei DXRacer nicht falsch; wer dazu nicht bereit ist, der wird auch mit einem "klassischen" Bürostuhl zufrieden werden.
7. Technische Daten
Zum guten Schluss noch ein paar wesentliche Daten, die ich dreist von der habe:
- Sitzmaße: ca. 37cm (vorne) / ca. 31,5cm (hinten) x ca. 45cm Tiefe
- Max. Sitzhöhe: 53,3cm
- Min. Sitzhöhe: 41,9cm
- Max. Armlehnenhöhe: 73,7cm
- Min. Armlehnenhöhe: 55,9cm
- Rückenlehnenhöhe: 81,9cm
- Rückenlehnenbreite: 56,5cm
- max. Belastbarkeit: 90 kg
- geeignet für Körpergöße bis: 1,85 m
- empfohlene Belastbarkeit: 60-80kg
- Maße: 74x52x123-132 cm (BxHxT)
Sollten noch Fragen oder Anmerkungen bestehen, wäre ich hocherfreut, diese zu beantworten!
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