Skandale gibt es in der Gaming-Welt immer wieder welche. Doch keiner scheint aktuell solch große Züge zu ziehen, wie jener um Blizzard. Der Bann eines Hearthstone-Großmeiters, der sich Live im Stream positiv zu den Protesten in Hongkong aussprach, mobilisiert die Massen um den gesamten Globus herum und zeigt: Gamer sind mehr als nur vom echten Leben ausgegrenzte Pickelgesichter. Sondern eine Gemeinschaft, die für offene Werte, freie Länder und gegen diktatorische Regimes kämpfen.
Was genau ist denn eigentlich passiert? Wer es nicht oder nur am Rande durch etliche Memes und Aussagen, die klare Kante zeigen, mitbekam, hier die Zusammenfassung: Am 8. Oktober wurde es offiziell: Blizzard verbannt den eSports-Spieler Ng "blitzchung" Wai Chung von allen Turnieren für ein Jahr, zudem behalten sie sich vor, das Preisgeld aus Season 2 nicht auszuzahlen. All das nur, weil sich blitzchung in einem Twitch-Livestream-Interview wie folgt geäußert hat: „Befreit Hongkong – Die Revolution unserer Generation!“ – Der Leitspruch der Protestanten in Hongkong, die sich für ein freies Hongkong und gegen die Unterdrückung und Einflussnahme des sozialistisch-autoritär regierten Chinas auf ihr Land einsetzen. Im folgendem Screenshot könnt ihr die offizielle Begründung von Blizzard zum Ban nachlesen:
Eine sehr, sehr vage gehaltene Regel, denn so ziemlich jede Aussage kann und wird irgendwie irgendwen verletzen. Dass dies bewusst so formuliert wurde, ist kein Zufall. Denn Blizzard hat so ziemlich die alleinige Entscheidungsfreiheit, ab wann sie empfinden, dass eine Aussage gegen jene Regel verstößt, oder nicht.
Gefeuert wurden ebenfalls die beiden Caster des Events, also die Interviewer von blitzchung, die aber, laut Rod Breslau (Anm. d. Autors.: eSport-Insider und Consultant) auf Twitter nicht wussten, welche Aussagen blitzchung tätigen würde.
Doch Blizzard war noch nicht am Ende. Es folgten zwei Statements von ihnen. Davon eines auf Chinesisch, eines auf Englisch. Und wie einst bei einem NBA-Skandal (Anm. d. Autors.: Auch hier wurde jemand gefeuert, der sich positiv zu den Hongkong-Protesten äußerte!), gibt es feine Unterschiede zwischen beiden Versionen. Nämlich im letzten Satz. Dieser fehlt auf Englisch gänzlich. Dieser lautet: "Wir werden immer die Ehre unseres Landes respektieren und verteidigen."
Das Internet läuft Sturm. Regelrecht und wahrhaftig. Und nebst unzähligen Gamern und Gaming-Größen, äußern sich auch Politiker entsetzt darüber, wie sich BlizzardActivision im Fall blitzchung verhält. Doch noch deutlich Aussagekräftiger sind die Reaktionen innerhalb von Blizzards eigenen Mitarbeitern. Mehr als ein Dutzend versammelten sich am Dienstagnachmittag um die berühmte Orc-Statue am Hauptquartier in Irvine und öffneten ihre "Umbrellas", ihre Regenschirme. Die "Umbrella-Revolution" oder auch die als "Umbrella-Movement" bekannten Protesten aus dem Jahre 2014, bei denen die Menschen sich gegen eine Änderung am Wahlsystem versammelten und die Straßen blockierten.
"Think Globally" and "Every Voice Matters" – Das sind die Grundwerte, auf denen Blizzards Fundament angeblich aufgebaut wurde. "Jede Stimme zählt." Das soll laut Blizzard heißen, dass jeder Mitarbeiter immer ihre eigene Meinung kundtun darf, man anderen zuhört, respektvoll miteinander umgeht und Kritik annehmen sollte. "Denkt Global", soll laut eigener Aussage bedeuten, dass es über den Planeten verteilt viele Menschen gibt, die Blizzard-Spiele spielen. Man "respektiert die kulturelle Vielfalt, die Menschen einzigartig macht und [wir] sind bestrebt, unsere globale Gaming-Community zu erweitern und zu unterstützen."
Diese beiden Grundwerte stehen nebst der Orc-Statue in Irvine, doch die Mitarbeiter Blizzards haben diese nun überklebt, unkenntlich gemacht. Eine große Firma der westlichen Welt, die für eine offene Gemeinschaft in einer kulturell vielfältigen Welt steht, darf nicht den Profit über die Freiheit von Meinung und Presse stellen.
Doch das tun sie. Das Problem an Chinas Markt ist: Wer hier, zum Beispiel ein Videospiel, veröffentlichen will, muss zwangsweise mit einem chinesischem Unternehmen kooperieren. Da gäbe es zum Beispiel Tencent, sehr bekannt und NetEase. Mit beiden Firmen kooperiert Blizzard, während NetEase die Veröffentlichung in dem autoritärem Staat übernimmt. 5 % der Firmenanteile gehen dabei an Tencent, die offizielle Konzernmutter in China.
Während sich Blizzard also vor China duckt, tief die Kiefer spreizt und ¥-Samen schluckt, zeigt jemand gänzlich anderes aktuell couragierte Haltung im Internet. Tim Sweeney, CEO und Mehrheitsaktionär von Epic Games. Ob er beziehungsweise seine Firma, an der Tencent stolze 40 % Aktienanteile besitzt, Spieler oder Content-Creator verbannen wird, wenn sich diese zu politischen Themen, spezifisch auch Meinungsfreiheit und Menschenrechte äußern, bannen? Nein, sagt er. Niemals wird das passieren, solange er die Kontrolle über die Firma als Gründer, CEO und Mehrheitsaktionär ist.
Auf eine hypothetisch gestellte Antwort eines Users: "Also, sagen wir, der Fortnite-Streamer Tfue würde "Befreit Hongkong" sagen, würdest du nichts unternehmen?", auf Twitter antwortet Sweeney unmissverständlich direkt: "Genau."
#BoycottBlizzard lautet ein aktueller Hashtag der Spielergemeinschaft, die teils keine Schmerzgrenze kennen. Sie meinen es ernst und löschen reihenweise ihre Accounts. Das scheint nun nach mehreren hundert Aussagen und Beweisbildern auf Twitter, dazu geführt zu haben, dass Blizzard die Möglichkeiten deaktiviert hat, sich zu verifizieren. Jedoch ist solch eine Verifizierung nötig, um seinen Account zu löschen. User berichten auch, dass sogar die Einsendung des Personalausweises vom Support abgelehnt wird. Dass Blizzard damit in der EU die GDPR-Gesetze bricht, scheint ihnen im Anbetracht des Profites aus China egal zu sein.
Der Skandal ist noch längst nicht am Ende, es bleibt nun abzuwarten, ob und wie Blizzard reagiert. Im Zuge dieser vielen Tatsachen werde ich nun folgendes erledigen:
#LiberateHongKong #BoycottBlizzard
Kommentar
Was genau ist denn eigentlich passiert? Wer es nicht oder nur am Rande durch etliche Memes und Aussagen, die klare Kante zeigen, mitbekam, hier die Zusammenfassung: Am 8. Oktober wurde es offiziell: Blizzard verbannt den eSports-Spieler Ng "blitzchung" Wai Chung von allen Turnieren für ein Jahr, zudem behalten sie sich vor, das Preisgeld aus Season 2 nicht auszuzahlen. All das nur, weil sich blitzchung in einem Twitch-Livestream-Interview wie folgt geäußert hat: „Befreit Hongkong – Die Revolution unserer Generation!“ – Der Leitspruch der Protestanten in Hongkong, die sich für ein freies Hongkong und gegen die Unterdrückung und Einflussnahme des sozialistisch-autoritär regierten Chinas auf ihr Land einsetzen. Im folgendem Screenshot könnt ihr die offizielle Begründung von Blizzard zum Ban nachlesen:
Eine sehr, sehr vage gehaltene Regel, denn so ziemlich jede Aussage kann und wird irgendwie irgendwen verletzen. Dass dies bewusst so formuliert wurde, ist kein Zufall. Denn Blizzard hat so ziemlich die alleinige Entscheidungsfreiheit, ab wann sie empfinden, dass eine Aussage gegen jene Regel verstößt, oder nicht.
Gefeuert wurden ebenfalls die beiden Caster des Events, also die Interviewer von blitzchung, die aber, laut Rod Breslau (Anm. d. Autors.: eSport-Insider und Consultant) auf Twitter nicht wussten, welche Aussagen blitzchung tätigen würde.
Doch Blizzard war noch nicht am Ende. Es folgten zwei Statements von ihnen. Davon eines auf Chinesisch, eines auf Englisch. Und wie einst bei einem NBA-Skandal (Anm. d. Autors.: Auch hier wurde jemand gefeuert, der sich positiv zu den Hongkong-Protesten äußerte!), gibt es feine Unterschiede zwischen beiden Versionen. Nämlich im letzten Satz. Dieser fehlt auf Englisch gänzlich. Dieser lautet: "Wir werden immer die Ehre unseres Landes respektieren und verteidigen."
Das Internet läuft Sturm. Regelrecht und wahrhaftig. Und nebst unzähligen Gamern und Gaming-Größen, äußern sich auch Politiker entsetzt darüber, wie sich BlizzardActivision im Fall blitzchung verhält. Doch noch deutlich Aussagekräftiger sind die Reaktionen innerhalb von Blizzards eigenen Mitarbeitern. Mehr als ein Dutzend versammelten sich am Dienstagnachmittag um die berühmte Orc-Statue am Hauptquartier in Irvine und öffneten ihre "Umbrellas", ihre Regenschirme. Die "Umbrella-Revolution" oder auch die als "Umbrella-Movement" bekannten Protesten aus dem Jahre 2014, bei denen die Menschen sich gegen eine Änderung am Wahlsystem versammelten und die Straßen blockierten.
"Think Globally" and "Every Voice Matters" – Das sind die Grundwerte, auf denen Blizzards Fundament angeblich aufgebaut wurde. "Jede Stimme zählt." Das soll laut Blizzard heißen, dass jeder Mitarbeiter immer ihre eigene Meinung kundtun darf, man anderen zuhört, respektvoll miteinander umgeht und Kritik annehmen sollte. "Denkt Global", soll laut eigener Aussage bedeuten, dass es über den Planeten verteilt viele Menschen gibt, die Blizzard-Spiele spielen. Man "respektiert die kulturelle Vielfalt, die Menschen einzigartig macht und [wir] sind bestrebt, unsere globale Gaming-Community zu erweitern und zu unterstützen."
Diese beiden Grundwerte stehen nebst der Orc-Statue in Irvine, doch die Mitarbeiter Blizzards haben diese nun überklebt, unkenntlich gemacht. Eine große Firma der westlichen Welt, die für eine offene Gemeinschaft in einer kulturell vielfältigen Welt steht, darf nicht den Profit über die Freiheit von Meinung und Presse stellen.
Doch das tun sie. Das Problem an Chinas Markt ist: Wer hier, zum Beispiel ein Videospiel, veröffentlichen will, muss zwangsweise mit einem chinesischem Unternehmen kooperieren. Da gäbe es zum Beispiel Tencent, sehr bekannt und NetEase. Mit beiden Firmen kooperiert Blizzard, während NetEase die Veröffentlichung in dem autoritärem Staat übernimmt. 5 % der Firmenanteile gehen dabei an Tencent, die offizielle Konzernmutter in China.
Während sich Blizzard also vor China duckt, tief die Kiefer spreizt und ¥-Samen schluckt, zeigt jemand gänzlich anderes aktuell couragierte Haltung im Internet. Tim Sweeney, CEO und Mehrheitsaktionär von Epic Games. Ob er beziehungsweise seine Firma, an der Tencent stolze 40 % Aktienanteile besitzt, Spieler oder Content-Creator verbannen wird, wenn sich diese zu politischen Themen, spezifisch auch Meinungsfreiheit und Menschenrechte äußern, bannen? Nein, sagt er. Niemals wird das passieren, solange er die Kontrolle über die Firma als Gründer, CEO und Mehrheitsaktionär ist.
Auf eine hypothetisch gestellte Antwort eines Users: "Also, sagen wir, der Fortnite-Streamer Tfue würde "Befreit Hongkong" sagen, würdest du nichts unternehmen?", auf Twitter antwortet Sweeney unmissverständlich direkt: "Genau."
#BoycottBlizzard lautet ein aktueller Hashtag der Spielergemeinschaft, die teils keine Schmerzgrenze kennen. Sie meinen es ernst und löschen reihenweise ihre Accounts. Das scheint nun nach mehreren hundert Aussagen und Beweisbildern auf Twitter, dazu geführt zu haben, dass Blizzard die Möglichkeiten deaktiviert hat, sich zu verifizieren. Jedoch ist solch eine Verifizierung nötig, um seinen Account zu löschen. User berichten auch, dass sogar die Einsendung des Personalausweises vom Support abgelehnt wird. Dass Blizzard damit in der EU die GDPR-Gesetze bricht, scheint ihnen im Anbetracht des Profites aus China egal zu sein.
Der Skandal ist noch längst nicht am Ende, es bleibt nun abzuwarten, ob und wie Blizzard reagiert. Im Zuge dieser vielen Tatsachen werde ich nun folgendes erledigen:
#LiberateHongKong #BoycottBlizzard