Wie findet ihr die bisher nicht fertige Geschichte?
pfitbäck bitte.
Es ist 13 Uhr. Dienstag. Der Sekundenzeiger bewegt sich nicht schneller, als der Minutenzeiger.
Plötzlich dröhnt der Feueralarm. Ein Unangenehmer Geruch macht sich in der Klasse breit.
Die Schüler sind außer Rand und Band, stellen sich nicht wie vereinbart vor die Tür und laufen raus auf dem Pausenhof.
Wahrscheinlich hat ein Schüler wieder mit Feuer gespielt.
Die Lehrer erscheinen auf dem Pausenhof. Ruhe kehrt ein.
Als letzter kommt Herr Moll heraus. Er trägt eine Schutzbrille, sein Gesicht und seine Kleidung ist Pesch schwarz.
„Es tut mir Leid. Beim nächsten Mal werde ich die Sicherheitshinweise lesen, versprochen.“
Die Schüler lachen.
Ich wünschte ich könnte auch lachen, doch es ist schon wieder da. Sein Ziel? Das bin ich!
Denn es schaut mich nicht nur an, nein, es kommt auf mich zu!!!
Mein Name ist Jason, ich bin 16 Jahre alt, eher mollig und meine kurzen braunen Haare passen zu meinen blau-grünen Augen eigentlich gar nicht. Aber ansonsten bin ich eigentlich ein ganz normaler Junge. Mit einer Ausnahme. Mist meine Mutter ist wieder zu Hause.
„Hey Jason Schatz, hast du dir was zu essen gemacht?“
„Nein.“
„Hast du kein Hunger oder ist was passiert?“
„Nein alles gut. Herr Moll hat unsere Schule wieder in Brandt gesetzt, aber sonst ist alles okay.“
„Schon wieder? Dieser Lehrer macht mir Angst.“
Meine Mutter geht Kopfschüttelnd aus dem Zimmer. Eigentlich könnte Sie mir ja etwas zu Essen machen.
„Mum machst du mir was zu essen?“ frage ich mit meiner süßesten Stimme.
„Ja klar, räumst du mir dafür den Geschirrspüler aus und wieder ein?“
„Ist schon Okay. Ich hab doch kein Hunger mehr.“ Erwidere ich eher genervt als zufriedenstellend.
Ich glaube ich kann Sie sogar grinsen hören.
Die Beziehung zwischen mir und meiner Mutter ist aber überdurchnittlich gut, im Vergleich zu anderen Jugendlichen in meinem Alter. Auch wenn Sie mich manchmal echt verdammt gut nerven kann.
Vielleicht liegt diese gute Beziehung auch daran, dass ich meinen Vater nie kennengelernt habe. Er wohnt in Polen oder war es Russland. Jedenfalls nicht in der Nähe.
Es ist Mittwoch.
Ich darf schon wieder um 7 Uhr morgens aufstehen um diesen blöden, mit schreienden, unerzogenen, überfüllten und stinkenden Bus zu bekommen. Ich bräuchte einen Chauffeur.
Alternativ nehme ich aber auch gerne den Privatjet.
„Hat du die Hausaufgaben?“
„Hey erstmal.“ Antworte ich genervt.
„Hey.“ Antwortet Tom.
Tom ist mein Klassenkamerad, er hat immer die Hausaufgaben. Aber auch nur, weil er spät abends noch von Amy abschreibt.
Wir haben eine WhatsApp Gruppe dafür, aber es war doch von Anfang an klar, dass dort nur die Streber ausgenutzt werden.
„Hausaufgaben? Ich glaube ich habe die nicht verstanden.“ Gebe ich zu.
„Nicht? Die waren doch einfach“
Ich nicke. Ich habe mir vorgenommen keine zynischen Wortspiele mehr zu machen. Ganz schön schwer.
„findet Amy sicherlich auch nicht.“
Mist. Vielleicht sollte ich das ganze Mal vor einem Spiegel üben.
„Haha.“ Erwidert Tom sichtlich peinlich.
Die Schulglocke läutet ein weiteres mal. Chemie mit Herrn Moll, der Unterricht könnte schnell vorbei sein.
„Guten Morgen.“ Begrüßt uns Herr Moll.
Ein eher schlafendes Gutns Morgen erwidert die Klasse. Ob Herr Moll das wirklich gehört hat, bezweifle ich.
„Ich möchte mit euch heute eher praktisch arbeiten.“
Die Klasse jubelt. Innerlich freue ich mich auf dreißig Minuten weniger Unterricht.
„Allerdings bezieht sich der praktische Part darauf, mit Stiften zu Zeichnen und zu schreiben.“ Ein grinsen geht durch sein Gesicht.
„Sie haben bestimmt Verbot bekommen, kannsch doch nicht sein alter.!“ Schreit Vincent durch den Raum.
Zugegeben, freuen tu ich mich auch nicht darüber, aber mit Vincent anlegen wäre auch eine durchaus schlechte Idee.
Die Stunde verläuft so wie Herr Moll es vorgesagt hat. Langweilig.
Zuhause angekommen bin ich nicht nur Müde, nein, sondern auch hungrig.
„Jason Schatz, hier ist noch Lasagne, wenn du möchtest.“
„Gerne Mama.“
Lasagne ist mein Lieblingsessen. Wobei Pizza immer Vorrang hat.
„Wie war dein Tag Schatz?“ fragt meine Mutter mich.
„Gut. Hatte mit Herr Moll Chemie.“
Meine Mutter schmeißt die Hände in die Luft.
„Um Gotteswillen. Welch‘ Wunder, dass du noch lebst!“ schreit sich mich an.
„Ja und wir hatten sogar praktischen Unterricht!“ schreie ich zurück.
Sie wird blasser als ich dachte.
„Aber nur im Zeichnen von irgendwelchen Reaktionen. Ich glaube jedenfalls es waren Reaktionen.“ Schmunzle ich.
„Na zum Glück. Dann kannst du ja erst mal meine Reaktion zeichnen.“ Lacht Sie.
„Nein. Ich habe leider keinen weißen Stift und buntes Papier.“ Wir lachen.
22:30 Uhr.
Es ist wirklich Zeit ins Bett zu gehen. Ich nehme mir zwar jeden Tag vor, früher ins Bett zu gehen, aber abends bin ich immer noch wach. Vielleicht war ich ja schon mal eine Eule. Wobei ein kleiner molliger Hamster besser passen würde.
Ich wache durch mein eigenes Schnarchen auf. Ich hasse diesen Moment. Es ist 3:02 Uhr. Ätzend.
Mein Magen knurrt, obwohl ich recht gut gegessen habe.
Aber jetzt noch etwas essen?
Nein. Lieber nicht.
<< Piep. Pieep. Pieeep. Pieeeeep. Piepieppieppieppiep. >>
Ich hasse diesen Wecker. Ich brauche diesen Hahn den man an die Wand schmeißen muss. Unbedingt.
*Hast du das mitbekommen Jason?*
Es ist Andy. Er schreibt mir auf WhatsApp. Früh am Morgen. Ekelhaft.
*Hey erstmal.* Antworte ich ein weiteres Mal genervt.
*Ja ja. Hey. Wie geht’s, mir geht’s gut danke…* scherzt Andy.
*Besser. Und was habe ich jetzt verpasst?* schreibe ich aufgeregt.
*Gestern Morgen, gab es schon wieder einen Unfall bei Herr Moll im Chemieunterricht.* Seine Smileys spielen verrückt.
*Das kann gar nicht. Wir haben nur Gezeichnet gestern.*
*Ja ich weiß, aber Herr Moll hat heimlich auf dem Tisch weitere Experimente ausprobiert.*
*Aber es ist nichts passiert, oder? Jedenfalls hatten wir nicht früher Schluss!* ich fühle mich ein wenig auf dem Arm genommen.
*Doch. Schau dir doch mal die Nachrichten an! Wir haben Schulfrei! Es entstanden tödliche Gase am Abend!*
„Ok.“ Mehr kann ich nicht schreiben.
Mein Handy vibriert. Schon wieder Andy.
*Schau schnell auf HartzTV* schreibt er mit Unterstützung einiger Smileys.
Ich schalte den Fernseher ein. Ich merke gerade wie wenig ich doch fernsehen schaue, ich finde nicht einmal den beliebten Hartzsender, aber vielleicht liegt das auch am Sender.
Natürliche Selektion der TV – Liste.
Da ist es doch!
„Gestern Abend ereignete sich an der Anne-Frank – Realschule ein Chemieunfall mit sehr schweren Folgen.“
Ich schalte den Fernseher aus. Eigentlich möchte ich es doch nicht wissen. Ob ich sterben werde?
Kaum habe ich den Gedanken, ob ich sterben werde zu Ende gedacht ruft mich meine Mutter an.
„Jason !!! Bist du da?!“
„Hallo Mama, ich bin zu Hause, habe es mitbekommen und mir geht es gut.“
„Nein Jason. Geh zum Arzt! Ich habe ein Termin für dich bei Dr. Harald gemacht“
„Okay. Ähm. Danke.“
Sie legt auf. Ihre Arbeit lässt keine langen Telefonate zu.
Ich sollte mich Anziehen. Vorher aber sollte ich mich rasieren sonst werde ich vielleicht ein Haus weiter geschickt, da ist nämlich das Obdachlosenheim.
„Alles gut bei dir Jason. Ich konnte keine Krankheit feststellen.“
„Das freut mich wirklich Doktor.“
„Wenn irgendwas sein soll, dann komm direkt rein.“
„Mach ich.“
Mit einem Lächeln auf dem Gesicht verabschiede ich mich.
Es ist wirklich komisch. Ich sitze um halb 12 auf der Couch, schaue tatsächlich den Hartzsender und verstehe nicht, wieso mir keiner aus der WhatsApp-Gruppe antwortet.
Aber eins weiß ich, ich habe mächtig Hunger.
Ich raffe mich auf und hole mir einen leckeren Döner bei meinem lieblingstürken.
Man das schmeckt wirklich gut.
„Jason? Ich bin wieder zu Hause. Warst du bei Arzt?“ schreit meine Mutter durch das Haus.
„Jaaaa!! Alles gut bei mir!!“ schreie ich zurück aus dem zweiten Stockwerk.
Ich kann mir schon vorstellen wie meine Mutter lächelnd nickt und wahrscheinlich erst mal das Klo aufsucht.
Es ist drei Uhr nachts. Ich wache schon wieder auf. Immer um diese Zeit.
Im Internet las ich, dass der Körper das Automatisch macht. Quasi die innere Uhr die in einem läuft.
Wo ist denn das Rädchen, damit ich die Zeit auf 7 Uhr umstellen kann?
*bieeb*
Mein Handy vibriert. Es ist Andy.
Immerhin der erste der mir zurück schreibt.
*Amy ist tot. Ihre Leiche wurde vor dem Kühlschrank gefunden!!“
Ich schlucke. Will er mich verarschen? Wer stirbt denn bitte vor dem Kühlschrank? Hat er getrunken?
Für einen Moment überlege ich einen schlechten Witz raus zu hauen.
*Das war die Rache der Kühlschränke. Weil wir sie am Tag öffnen, kurz ausspähen und dann wieder schließen.*
*Ist das dein Ernst Jason? Ich glaube du hast doch nicht mehr alle Tassen im Schrank oder?!!*
Treibt er sein Spaß nun weiter? Zugegeben, alle Tassen sind wirklich nicht mehr Schrank zu finden.
*Was ist denn passiert?* schreibe ich vorsichtig zurück.
*Ach der gute hat sich dazu entschieden auch mal ernst zu bleiben?
Amys Mutter kam von der Spätschicht nachhause und sah Amy vor dem Kühlschrank liegen. Keine Verletzungen. Der Notarzt konnte nur noch den Tod feststellen. Ich gehe nie wieder zum Kühlschrank nachts!* ich glaube Andy. Er schreibt ohne Smileys.
Ich mache das Licht an. Mein Zimmer sieht ganz normal aus. Zum Glück habe ich mir den mini Kühlschrank doch nicht geholt.
9:30 Uhr
Langsam öffne ich meine Augen, reibe mir den Sand aus den Augen und bemerke, dass ich eingeschlafen sein muss. Das Licht leuchtet noch.
Mein Handy blinkt.
*Ich bin fix und fertig. Mein Leben macht kein Sinn mehr.* Schreibt Andy.
Ich weiß nicht was ich antworten soll und beschließe erst einmal etwas zu essen, seit Tagen habe ich wahnsinnigen Hunger.
Plötzlich wird mir klar, dass ich besonders abends diesen Hunger verspüre. Ob Amy diesen auch verspürt hatte?
Stutenbrot ist gut. Das schmeckt wenigstens.
Während ich esse stöbere ich wie gewohnt auf Facebook.
„Mein Beileid.“
„Ich vermisse dich!!“
„R.i.P“
Mein Facebook ist voll mit Postings wie diese. Alle richten sich an Amy.
Ich glaube ich bin der einzige der keine wirkliche Trauer verspürt.
Ich kannte Sie, aber wirklich gemocht habe ich Sie nie. Ich merke, wie eiskalt ich eigentlich bin. Ekelhaft.
Ich schließe Facebook und beschließe eine Runde an die frische Luft zu gehen.
„Ach Hallo Jason, schön dich zu sehen.“ Begrüßt mich mein alter Grundschullehrer.
„Hallo Herr Pflaum.“ Antworte ich recht freundlich.
„Das mit euer Schule und dazu noch den Klassenkamerad, das tut mir richtig leid.“
„Ist schon okay. Ich verkrafte das schon.“ Erwidere ich eher beschämt.
„Wenn etwas ist, Ich habe ein offenes Ohr.“
Ich nicke. Und bin froh, dass Herr Pflaum seinen Weg fortsetzt.
Spontan beschließe ich Andy zu besuchen.
An seiner Haustür angekommen dauert es ungewöhnlich lange bis jemand aufmacht.
Ein leises „Hallo“ erklingt. Andys Augen sind rot und wahrscheinlich vom Weinen angeschwollen.
„Kann ich rein kommen?“ antworte ich zurückhaltend.
Ich wollte erst den Witz bringen, ihn zu fragen, ob er die Hausaufgaben gemacht hat. Das wäre aber allerdings jetzt mit Amy ein wenig zu hart.
„klar komm rein.“
Ich habe noch nie so lange gebraucht, den Weg bis zu seinem Zimmer zu marschieren.
Aber Andy geht mit gebückter Haltung und schlendert umher.
„So. Ähm. Also… Amy… weiß man was sie hatte?“
„Nein.“
„Ok.“
Stille kehrt ein. Peinliche Stille.
„Aber man geht von einer schweren unauffälligen Krankheit aus.“ Erzählt Andy.
Er kämpft sichtlich mit den Tränen. Seine Oberlippe bebt und ich merke wie er versucht es zurück zu halten.
„Ist schon okay, wenn du… ich versteh schon“ versuche ich ihm langsam klarzumachen.
Ich weiß nicht, ob er verstanden hat. Aber er fängt nun fürchterlich an zu weinen.
Soll ich ihn drücken? Oder einen Witz erzählen? Ich war noch nie in so einer Situation.
Ich schwitze. Mir ist das zu viel.
„Andy. Ich. Ähm. Ich wollte dich echt nicht zum Weinen bringen, meine Mutter ist sicherlich jetzt zu Hause und sie macht sich schnell sorgen. Weißt du?“ erzähle ich beschämend.
„Ist Okay Jason. Wirklich.“
Er drückt mich. Na super, jetzt merkt er wie sehr ich schwitze.
„Wo warst du?“
„Sorry Mama, ich war noch bei Andy.“
Meine Mama schaut mich traurig an. Denkt sie, ich habe geweint?
„Alles ist okay, mir geht es gut, Amy kannte ich nicht wirklich und öhm, tut mir leid für die Familie und nun ja ich weiß gar nicht was ich sagen soll.“ Stammle ich vor mir her.
„Bitte was?“ fragt meine Mutter und würde wahrscheinlich direkt einen Alkoholtest machen.
„Du weißt es nicht? Amy Thinker meine Klassenkameradin ist gestorben. Die kennst du auch. Der Vater ist Immobilienmakler.“
Meine Mutter schaut mich an. Plötzlich weint Sie. Mist.
„Ist schon okay. Jason.“ Sie zieht die Nase hoch.
„Wie ist Sie denn Gestorben? Was ist passiert.“
Als ich ihr den Fall erzähle, schaut Sie mich kritisch an.
„Wirklich. Ich weiß, das klingt verrückt.“ Versuche ich Ihr Glaubhaft zu erzählen.
Das sind die Nachteile, wenn man aus jeder Situation einen Witz zieht. Wer nimmt einen schon ernst.
Wir reden noch eine Weile und essen gemeinsam etwas beim Italiener.
4 Uhr
Ich werde schon wieder zu unmöglichen Zeiten wach. Diesmal nicht, weil ich schnarche, sondern weil ich verdammt großen Hunger habe. Schon wieder. Dabei habe ich doch vor paar Stunden noch recht viel gegessen.
Ich entscheide mich aufzustehen und den Kühlschrank aufzusuchen.
Das licht wird erst mal im Zimmer eingeschaltet. Hier suche ich meine Taschenlampe, finde aber keine.
Zum Glück sind unsere Smartphones mit Licht ausgestattet. Vorgestern ist das Küchenlicht durchgebrannt und wir haben es noch nicht geschafft eine neue Birne kaufen.
Ich tapse leise die Treppen herunter bis ich im Erdgeschoss angekommen bin.
Das Flurlicht mache ich noch an. Den Rest muss meine Handylampe richten.
Ich suche den Kühlschrank. Na endlich.
*Amy lag tot vor dem Kühlschrank*
Verdammt. Ein Gedankenblitz geht in mir durch. Das habe ich total vergessen.
Ich merke wie Adrenalin in meinen Körper verteilt wird. Ich zittere.
Ich traue mich nicht mich umzugucken.
Plötzlich höre ich immer näher kommende Schritte. Es knirscht auf dem Laminatboden.
„Wer ist da?“
Ich lasse mein Handy fallen. Gehe in die Hocke und halte die Hände über meinen Kopf.
„Jason? Was um alles in der Welt machst du um vier Uhr morgens in der Küche?
Ich atme tief durch. Ich würde am liebsten jetzt weinen, doch ich muss grinsen.
„Ich hatte Hunger. Und dachte ich esse noch etwas von den leckeren Brötchen vom Italiener.“
„Und das hatte jetzt keine Zeit mehr? Geh ins Bett Jason.“
Meine Mutter dreht sich um und geht zurück in Ihr Schlafzimmer.
Gerade als ich mein Handy aufhebe, um auch wieder zurück zu gehen, sehe ich einen großen Schatten vom Esszimmer auf mich zukommen. Ich leuchte dort hin.
Nix. Gar nichts! Ich habe Halluzinationen.
Doch dann packt mich etwas an meiner Schulter. Es fühlt sich hart an und verdammt ekelig.
Ich versteife zum Glück nicht und laufe so schnell ich kann zu meiner Mutter.
„Mama schnell, da ist was in der Küche, es hat mich angepackt. Da sind Einbrecher hol die Polizei schnell!!“
Meine Mutter wirkt eher gelassen, nimmt sich Ihre Taschenlampe, welche deutlich heller ist und
beleuchtet das Ess und Küchenzimmer. Nichts zu sehen.
Ich fürchte ich habe es mir wirklich eingebildet und gehe zurück in meinem Zimmer.
7 Uhr:
Mein Handy reißt mich aus dem Schlaf. Es ist Andy und er hat mir ein weiteres Mal eine WhatsApp geschrieben.
*Ich habe neue Infos wegen Amy.*
*Was denn? Erzähl!!* ich merke wie ich immer mehr zittere.
*Also folgendes: Amy starb an einem Herzinfarkt, warum weiß aber keiner so genau.*
Sie starb an einem Herzinfarkt? Ich beinahe auch.
*Ach du scheiße, das ist alles so surreal.* mehr kann ich nicht schreiben.
Ich beschließe erneut das Internet zu befragen. Leider finde ich keinerlei Berichte von Leuten, die vor dem Kühlschrank starben, weil sie einen Herzinfarkt erlitten hatten.
Ganz schön merkwürdig.
„Jason, aufstehen!“
„Ja Mama, noch 5 Minuten.“ Oder auch 10.
*Jason komm mal bitte vorbei, ich habe da so einiges gefunden.*
Es ist Andy. Anscheinend war er erfolgreicher im googlen.
Auf dem Weg dorthin fallen mir tausende Gründe ein, warum man vor dem Kühlschrank
so sterben könnte. Vielleicht hat Amy den Kühlschrank geöffnet und eine Stimme sagte:
<< Komm mit nach Nania >> oder Sie sah, dass das Licht im Kühlschrank doch ausgeht.
Oder vielleicht wollte Sie gar nicht zum Kühlschrank und das war wirklich die Rache der
Kühlschränke.
„Jason, du stehst vor meiner Türe aber klingelst nicht?“ grummelt Andy vor sich hin.
„Sorry. Ich dachte ich hätte etwas vergessen.“
„Hast du dein Handy dabei?“
„Ja. Warum?“ frage ich erstaunt.
„Was willst du dann vergessen haben? Handys sind unsere Herzschrittmacher. Mehr brauchen wir nicht.“ Sagt Andy ohne auch nur eine Miene zu verziehen.
Dummerweise habe ich jetzt die Vorstellung, dass Amy ihr Handy nicht mehr gefunden hat und deswegen einen Herz.. ach ich sollte damit aufhören.
„Siehst du Jason, hier auf der Webseite stehen die Gründe für einen Herzinfarkt.
„Ja, das habe ich heute auch schon gesehen Andy. Aber darauf passt nichts zu Amy.
„Genau. Das ist ja das Merkwürdige daran. Vielleicht ist es doch unheimlicher als wir denken.
Wir beide studieren die Seite durch und durch. Doch wir finden keinerlei Hinweise.
„Vielleicht waren Einbrecher dort und haben Sie erschreckt“ meint Andy.
„Nein. Das wäre sicherlich einem Beamten aufgefallen.“ Erwidere ich ziemlich selbstsicher.
„Andy könntest du bitte mit dem Hund gehen jetzt?“ schreit Andys Mutter hoch.
„Nein geht leider nicht. Jason ist auch hier und der hat Angst vor Hunde.“
„Stimmt doch gar nicht.“ Flüstere ich zu Andy.
„Sei ruhig.“
„Okay. Dann bist du aber morgen auf jeden Fall an der Reihe, Andy!“
Wir überlegen uns noch diverse Theorien aber keine ist wirklich übertragbar.
Es ist mittlerweile schon 8 Uhr und ich mache mich auf dem Heimweg.
„Hay Mum“ rufe ich durchs Haus.
Stille.
„Mum?“
Komisch. Ich gehe die Zimmer durch, doch meine Mutter scheint nicht zu Hause zu sein.
Aber würde Sie wirklich gehen ohne mir einen Zettel zu hinterlassen?
„Hay hier ist Jason, ruf mich zurück.“ Spreche ich ihr auf der Mailbox.
Ich gehe hoch ins Zimmer und schaue nach, was sich so im Internet getan hat.
„Amy. Ich weiß wir kannten uns nicht lange, aber du warst immer in meinem Herzen. Auch jetzt noch. Du lebst in mir weiter.“ – geschrieben von Anonym.
Ich lese den Satz zwei Mal. Verstehen tu ich ihn zwar auch beim dritten Mal nicht, aber umso unheimlicher wird es.
Ich gebe ähnliche Sätze bei Google ein. Nichts. Kein normaler Mensch würde so was schreiben. Oder ist er vielleicht gar kein deutscher? Und warum hat er einen anonymen Account.
*Andy, schau dir das mal an*
Ich hoffe er liest es schnell. Er hat die Lesefunktion ausgeschaltet. Ich hasse es.
„Jason, komm schnell runter!“ ruft meine Mutter.
Sichtlich erleichtert laufe ich die Treppen runter. Na gut springen würde eher zutreffen.
„Du sollst nicht springen!“
„Entschuldigung, bin gestolpert.“ Die Ausrede geht eigentlich immer.
„Hier, ich habe uns nochmal was vom Italiener bestellt. Darauf hatte ich nochmal richtig Lust.“
Das Essen war lecker. Wie immer dort eigentlich.
*pieep*
Na endlich, Andy wird sich gemeldet haben.
*Glückwunsch, Sie haben ein Iphone 6 gewonnen. Klicken Sie für Ihren Gewinn*
Ernsthaft? Theorie Nummer 16 warum Amy starb: Sie gewann kein Iphone 6, sondern zahlte lediglich die hohe Abofalle und bekam darauf dann einen… ich bin pervers.
*Andy schreib endlich* vielleicht hilft es ja.
Am Essenstisch unterhielt ich mich mit meiner Mutter über diverse Themen, von Schule und Beruf über Amy und wieso man eigentlich stirbt.
In der Schule angekommen merkt man den Verlust eines Mitschülers am stärksten.
Man hat das Gefühl, dass keiner wirklich dabei ist.
„Guten Morgen.“ Begrüßt uns unser Vertretungslehrer Herr Stamm
„Guten Morgen“ murmelt die Klasse.
„Heute wollen wir uns mit dem Thema Wahrscheinlichkeitsrechnung auseinandersetzen.“
„Weiß denn schon jemand was das in etwa sein könnte?“ fragt Herr Stamm.
„Das ist doch ehm zum Beispiel, wenn man jetzt ich sage mal, oder wenn wir davon ausgehen
könnten, dass Ich meine, wir“ – haspelt Florian.
„Möchte jemand anderes vielleicht?“ wendet der Lehrer ein. Irgendwie eine coole Aktion.
„Wenn du mich kein Geld gibst, haue ich dir in die Fressä. Das ist 100 Prozent wahrscheinlich.“ Schmeißt Vincent in den Raum.
„So in etwa.“ Sagt Herr Stamm, sichtlich erstaunt.
Es klopft an der Tür.
„Herein“ sagt Herr Stamm und einige vorlaute Schüler.
„Guten Morgen, ich wollte nur kurz Bescheid sagen, dass morgen der Gottesdienst
anlässlich Amys Tod ist. Seid dennoch stark, sie lebt in uns weiter.“ Sagt Herr Moll.
Wir nicken und er geht auch schon wieder heraus.
Plötzlich wird mir der letzte Satz klar < Sie lebt in uns weiter >, dass schrieb doch der Anonyme Typ auch. Gibt es zusammenhänge?
Plötzlich dröhnt der Feueralarm. Ein Unangenehmer Geruch macht sich in der Klasse breit.
Die Schüler sind außer Rand und Band, stellen sich nicht wie vereinbart vor die Tür und laufen raus auf dem Pausenhof.
Wahrscheinlich hat ein Schüler wieder mit Feuer gespielt.
Die Lehrer erscheinen auf dem Pausenhof. Ruhe kehrt ein.
Als letzter kommt Herr Moll heraus. Er trägt eine Schutzbrille, sein Gesicht und seine Kleidung ist Pesch schwarz.
„Es tut mir Leid. Beim nächsten Mal werde ich die Sicherheitshinweise lesen, versprochen.“
Die Schüler lachen.
Ich wünschte ich könnte auch lachen, doch es ist schon wieder da. Sein Ziel? Das bin ich!
Denn es schaut mich nicht nur an, nein, es kommt auf mich zu!!!
Mein Name ist Jason, ich bin 16 Jahre alt, eher mollig und meine kurzen braunen Haare passen zu meinen blau-grünen Augen eigentlich gar nicht. Aber ansonsten bin ich eigentlich ein ganz normaler Junge. Mit einer Ausnahme. Mist meine Mutter ist wieder zu Hause.
„Hey Jason Schatz, hast du dir was zu essen gemacht?“
„Nein.“
„Hast du kein Hunger oder ist was passiert?“
„Nein alles gut. Herr Moll hat unsere Schule wieder in Brandt gesetzt, aber sonst ist alles okay.“
„Schon wieder? Dieser Lehrer macht mir Angst.“
Meine Mutter geht Kopfschüttelnd aus dem Zimmer. Eigentlich könnte Sie mir ja etwas zu Essen machen.
„Mum machst du mir was zu essen?“ frage ich mit meiner süßesten Stimme.
„Ja klar, räumst du mir dafür den Geschirrspüler aus und wieder ein?“
„Ist schon Okay. Ich hab doch kein Hunger mehr.“ Erwidere ich eher genervt als zufriedenstellend.
Ich glaube ich kann Sie sogar grinsen hören.
Die Beziehung zwischen mir und meiner Mutter ist aber überdurchnittlich gut, im Vergleich zu anderen Jugendlichen in meinem Alter. Auch wenn Sie mich manchmal echt verdammt gut nerven kann.
Vielleicht liegt diese gute Beziehung auch daran, dass ich meinen Vater nie kennengelernt habe. Er wohnt in Polen oder war es Russland. Jedenfalls nicht in der Nähe.
Es ist Mittwoch.
Ich darf schon wieder um 7 Uhr morgens aufstehen um diesen blöden, mit schreienden, unerzogenen, überfüllten und stinkenden Bus zu bekommen. Ich bräuchte einen Chauffeur.
Alternativ nehme ich aber auch gerne den Privatjet.
„Hat du die Hausaufgaben?“
„Hey erstmal.“ Antworte ich genervt.
„Hey.“ Antwortet Tom.
Tom ist mein Klassenkamerad, er hat immer die Hausaufgaben. Aber auch nur, weil er spät abends noch von Amy abschreibt.
Wir haben eine WhatsApp Gruppe dafür, aber es war doch von Anfang an klar, dass dort nur die Streber ausgenutzt werden.
„Hausaufgaben? Ich glaube ich habe die nicht verstanden.“ Gebe ich zu.
„Nicht? Die waren doch einfach“
Ich nicke. Ich habe mir vorgenommen keine zynischen Wortspiele mehr zu machen. Ganz schön schwer.
„findet Amy sicherlich auch nicht.“
Mist. Vielleicht sollte ich das ganze Mal vor einem Spiegel üben.
„Haha.“ Erwidert Tom sichtlich peinlich.
Die Schulglocke läutet ein weiteres mal. Chemie mit Herrn Moll, der Unterricht könnte schnell vorbei sein.
„Guten Morgen.“ Begrüßt uns Herr Moll.
Ein eher schlafendes Gutns Morgen erwidert die Klasse. Ob Herr Moll das wirklich gehört hat, bezweifle ich.
„Ich möchte mit euch heute eher praktisch arbeiten.“
Die Klasse jubelt. Innerlich freue ich mich auf dreißig Minuten weniger Unterricht.
„Allerdings bezieht sich der praktische Part darauf, mit Stiften zu Zeichnen und zu schreiben.“ Ein grinsen geht durch sein Gesicht.
„Sie haben bestimmt Verbot bekommen, kannsch doch nicht sein alter.!“ Schreit Vincent durch den Raum.
Zugegeben, freuen tu ich mich auch nicht darüber, aber mit Vincent anlegen wäre auch eine durchaus schlechte Idee.
Die Stunde verläuft so wie Herr Moll es vorgesagt hat. Langweilig.
Zuhause angekommen bin ich nicht nur Müde, nein, sondern auch hungrig.
„Jason Schatz, hier ist noch Lasagne, wenn du möchtest.“
„Gerne Mama.“
Lasagne ist mein Lieblingsessen. Wobei Pizza immer Vorrang hat.
„Wie war dein Tag Schatz?“ fragt meine Mutter mich.
„Gut. Hatte mit Herr Moll Chemie.“
Meine Mutter schmeißt die Hände in die Luft.
„Um Gotteswillen. Welch‘ Wunder, dass du noch lebst!“ schreit sich mich an.
„Ja und wir hatten sogar praktischen Unterricht!“ schreie ich zurück.
Sie wird blasser als ich dachte.
„Aber nur im Zeichnen von irgendwelchen Reaktionen. Ich glaube jedenfalls es waren Reaktionen.“ Schmunzle ich.
„Na zum Glück. Dann kannst du ja erst mal meine Reaktion zeichnen.“ Lacht Sie.
„Nein. Ich habe leider keinen weißen Stift und buntes Papier.“ Wir lachen.
22:30 Uhr.
Es ist wirklich Zeit ins Bett zu gehen. Ich nehme mir zwar jeden Tag vor, früher ins Bett zu gehen, aber abends bin ich immer noch wach. Vielleicht war ich ja schon mal eine Eule. Wobei ein kleiner molliger Hamster besser passen würde.
Ich wache durch mein eigenes Schnarchen auf. Ich hasse diesen Moment. Es ist 3:02 Uhr. Ätzend.
Mein Magen knurrt, obwohl ich recht gut gegessen habe.
Aber jetzt noch etwas essen?
Nein. Lieber nicht.
<< Piep. Pieep. Pieeep. Pieeeeep. Piepieppieppieppiep. >>
Ich hasse diesen Wecker. Ich brauche diesen Hahn den man an die Wand schmeißen muss. Unbedingt.
*Hast du das mitbekommen Jason?*
Es ist Andy. Er schreibt mir auf WhatsApp. Früh am Morgen. Ekelhaft.
*Hey erstmal.* Antworte ich ein weiteres Mal genervt.
*Ja ja. Hey. Wie geht’s, mir geht’s gut danke…* scherzt Andy.
*Besser. Und was habe ich jetzt verpasst?* schreibe ich aufgeregt.
*Gestern Morgen, gab es schon wieder einen Unfall bei Herr Moll im Chemieunterricht.* Seine Smileys spielen verrückt.
*Das kann gar nicht. Wir haben nur Gezeichnet gestern.*
*Ja ich weiß, aber Herr Moll hat heimlich auf dem Tisch weitere Experimente ausprobiert.*
*Aber es ist nichts passiert, oder? Jedenfalls hatten wir nicht früher Schluss!* ich fühle mich ein wenig auf dem Arm genommen.
*Doch. Schau dir doch mal die Nachrichten an! Wir haben Schulfrei! Es entstanden tödliche Gase am Abend!*
„Ok.“ Mehr kann ich nicht schreiben.
Mein Handy vibriert. Schon wieder Andy.
*Schau schnell auf HartzTV* schreibt er mit Unterstützung einiger Smileys.
Ich schalte den Fernseher ein. Ich merke gerade wie wenig ich doch fernsehen schaue, ich finde nicht einmal den beliebten Hartzsender, aber vielleicht liegt das auch am Sender.
Natürliche Selektion der TV – Liste.
Da ist es doch!
„Gestern Abend ereignete sich an der Anne-Frank – Realschule ein Chemieunfall mit sehr schweren Folgen.“
Ich schalte den Fernseher aus. Eigentlich möchte ich es doch nicht wissen. Ob ich sterben werde?
Kaum habe ich den Gedanken, ob ich sterben werde zu Ende gedacht ruft mich meine Mutter an.
„Jason !!! Bist du da?!“
„Hallo Mama, ich bin zu Hause, habe es mitbekommen und mir geht es gut.“
„Nein Jason. Geh zum Arzt! Ich habe ein Termin für dich bei Dr. Harald gemacht“
„Okay. Ähm. Danke.“
Sie legt auf. Ihre Arbeit lässt keine langen Telefonate zu.
Ich sollte mich Anziehen. Vorher aber sollte ich mich rasieren sonst werde ich vielleicht ein Haus weiter geschickt, da ist nämlich das Obdachlosenheim.
„Alles gut bei dir Jason. Ich konnte keine Krankheit feststellen.“
„Das freut mich wirklich Doktor.“
„Wenn irgendwas sein soll, dann komm direkt rein.“
„Mach ich.“
Mit einem Lächeln auf dem Gesicht verabschiede ich mich.
Es ist wirklich komisch. Ich sitze um halb 12 auf der Couch, schaue tatsächlich den Hartzsender und verstehe nicht, wieso mir keiner aus der WhatsApp-Gruppe antwortet.
Aber eins weiß ich, ich habe mächtig Hunger.
Ich raffe mich auf und hole mir einen leckeren Döner bei meinem lieblingstürken.
Man das schmeckt wirklich gut.
„Jason? Ich bin wieder zu Hause. Warst du bei Arzt?“ schreit meine Mutter durch das Haus.
„Jaaaa!! Alles gut bei mir!!“ schreie ich zurück aus dem zweiten Stockwerk.
Ich kann mir schon vorstellen wie meine Mutter lächelnd nickt und wahrscheinlich erst mal das Klo aufsucht.
Es ist drei Uhr nachts. Ich wache schon wieder auf. Immer um diese Zeit.
Im Internet las ich, dass der Körper das Automatisch macht. Quasi die innere Uhr die in einem läuft.
Wo ist denn das Rädchen, damit ich die Zeit auf 7 Uhr umstellen kann?
*bieeb*
Mein Handy vibriert. Es ist Andy.
Immerhin der erste der mir zurück schreibt.
*Amy ist tot. Ihre Leiche wurde vor dem Kühlschrank gefunden!!“
Ich schlucke. Will er mich verarschen? Wer stirbt denn bitte vor dem Kühlschrank? Hat er getrunken?
Für einen Moment überlege ich einen schlechten Witz raus zu hauen.
*Das war die Rache der Kühlschränke. Weil wir sie am Tag öffnen, kurz ausspähen und dann wieder schließen.*
*Ist das dein Ernst Jason? Ich glaube du hast doch nicht mehr alle Tassen im Schrank oder?!!*
Treibt er sein Spaß nun weiter? Zugegeben, alle Tassen sind wirklich nicht mehr Schrank zu finden.
*Was ist denn passiert?* schreibe ich vorsichtig zurück.
*Ach der gute hat sich dazu entschieden auch mal ernst zu bleiben?
Amys Mutter kam von der Spätschicht nachhause und sah Amy vor dem Kühlschrank liegen. Keine Verletzungen. Der Notarzt konnte nur noch den Tod feststellen. Ich gehe nie wieder zum Kühlschrank nachts!* ich glaube Andy. Er schreibt ohne Smileys.
Ich mache das Licht an. Mein Zimmer sieht ganz normal aus. Zum Glück habe ich mir den mini Kühlschrank doch nicht geholt.
9:30 Uhr
Langsam öffne ich meine Augen, reibe mir den Sand aus den Augen und bemerke, dass ich eingeschlafen sein muss. Das Licht leuchtet noch.
Mein Handy blinkt.
*Ich bin fix und fertig. Mein Leben macht kein Sinn mehr.* Schreibt Andy.
Ich weiß nicht was ich antworten soll und beschließe erst einmal etwas zu essen, seit Tagen habe ich wahnsinnigen Hunger.
Plötzlich wird mir klar, dass ich besonders abends diesen Hunger verspüre. Ob Amy diesen auch verspürt hatte?
Stutenbrot ist gut. Das schmeckt wenigstens.
Während ich esse stöbere ich wie gewohnt auf Facebook.
„Mein Beileid.“
„Ich vermisse dich!!“
„R.i.P“
Mein Facebook ist voll mit Postings wie diese. Alle richten sich an Amy.
Ich glaube ich bin der einzige der keine wirkliche Trauer verspürt.
Ich kannte Sie, aber wirklich gemocht habe ich Sie nie. Ich merke, wie eiskalt ich eigentlich bin. Ekelhaft.
Ich schließe Facebook und beschließe eine Runde an die frische Luft zu gehen.
„Ach Hallo Jason, schön dich zu sehen.“ Begrüßt mich mein alter Grundschullehrer.
„Hallo Herr Pflaum.“ Antworte ich recht freundlich.
„Das mit euer Schule und dazu noch den Klassenkamerad, das tut mir richtig leid.“
„Ist schon okay. Ich verkrafte das schon.“ Erwidere ich eher beschämt.
„Wenn etwas ist, Ich habe ein offenes Ohr.“
Ich nicke. Und bin froh, dass Herr Pflaum seinen Weg fortsetzt.
Spontan beschließe ich Andy zu besuchen.
An seiner Haustür angekommen dauert es ungewöhnlich lange bis jemand aufmacht.
Ein leises „Hallo“ erklingt. Andys Augen sind rot und wahrscheinlich vom Weinen angeschwollen.
„Kann ich rein kommen?“ antworte ich zurückhaltend.
Ich wollte erst den Witz bringen, ihn zu fragen, ob er die Hausaufgaben gemacht hat. Das wäre aber allerdings jetzt mit Amy ein wenig zu hart.
„klar komm rein.“
Ich habe noch nie so lange gebraucht, den Weg bis zu seinem Zimmer zu marschieren.
Aber Andy geht mit gebückter Haltung und schlendert umher.
„So. Ähm. Also… Amy… weiß man was sie hatte?“
„Nein.“
„Ok.“
Stille kehrt ein. Peinliche Stille.
„Aber man geht von einer schweren unauffälligen Krankheit aus.“ Erzählt Andy.
Er kämpft sichtlich mit den Tränen. Seine Oberlippe bebt und ich merke wie er versucht es zurück zu halten.
„Ist schon okay, wenn du… ich versteh schon“ versuche ich ihm langsam klarzumachen.
Ich weiß nicht, ob er verstanden hat. Aber er fängt nun fürchterlich an zu weinen.
Soll ich ihn drücken? Oder einen Witz erzählen? Ich war noch nie in so einer Situation.
Ich schwitze. Mir ist das zu viel.
„Andy. Ich. Ähm. Ich wollte dich echt nicht zum Weinen bringen, meine Mutter ist sicherlich jetzt zu Hause und sie macht sich schnell sorgen. Weißt du?“ erzähle ich beschämend.
„Ist Okay Jason. Wirklich.“
Er drückt mich. Na super, jetzt merkt er wie sehr ich schwitze.
„Wo warst du?“
„Sorry Mama, ich war noch bei Andy.“
Meine Mama schaut mich traurig an. Denkt sie, ich habe geweint?
„Alles ist okay, mir geht es gut, Amy kannte ich nicht wirklich und öhm, tut mir leid für die Familie und nun ja ich weiß gar nicht was ich sagen soll.“ Stammle ich vor mir her.
„Bitte was?“ fragt meine Mutter und würde wahrscheinlich direkt einen Alkoholtest machen.
„Du weißt es nicht? Amy Thinker meine Klassenkameradin ist gestorben. Die kennst du auch. Der Vater ist Immobilienmakler.“
Meine Mutter schaut mich an. Plötzlich weint Sie. Mist.
„Ist schon okay. Jason.“ Sie zieht die Nase hoch.
„Wie ist Sie denn Gestorben? Was ist passiert.“
Als ich ihr den Fall erzähle, schaut Sie mich kritisch an.
„Wirklich. Ich weiß, das klingt verrückt.“ Versuche ich Ihr Glaubhaft zu erzählen.
Das sind die Nachteile, wenn man aus jeder Situation einen Witz zieht. Wer nimmt einen schon ernst.
Wir reden noch eine Weile und essen gemeinsam etwas beim Italiener.
4 Uhr
Ich werde schon wieder zu unmöglichen Zeiten wach. Diesmal nicht, weil ich schnarche, sondern weil ich verdammt großen Hunger habe. Schon wieder. Dabei habe ich doch vor paar Stunden noch recht viel gegessen.
Ich entscheide mich aufzustehen und den Kühlschrank aufzusuchen.
Das licht wird erst mal im Zimmer eingeschaltet. Hier suche ich meine Taschenlampe, finde aber keine.
Zum Glück sind unsere Smartphones mit Licht ausgestattet. Vorgestern ist das Küchenlicht durchgebrannt und wir haben es noch nicht geschafft eine neue Birne kaufen.
Ich tapse leise die Treppen herunter bis ich im Erdgeschoss angekommen bin.
Das Flurlicht mache ich noch an. Den Rest muss meine Handylampe richten.
Ich suche den Kühlschrank. Na endlich.
*Amy lag tot vor dem Kühlschrank*
Verdammt. Ein Gedankenblitz geht in mir durch. Das habe ich total vergessen.
Ich merke wie Adrenalin in meinen Körper verteilt wird. Ich zittere.
Ich traue mich nicht mich umzugucken.
Plötzlich höre ich immer näher kommende Schritte. Es knirscht auf dem Laminatboden.
„Wer ist da?“
Ich lasse mein Handy fallen. Gehe in die Hocke und halte die Hände über meinen Kopf.
„Jason? Was um alles in der Welt machst du um vier Uhr morgens in der Küche?
Ich atme tief durch. Ich würde am liebsten jetzt weinen, doch ich muss grinsen.
„Ich hatte Hunger. Und dachte ich esse noch etwas von den leckeren Brötchen vom Italiener.“
„Und das hatte jetzt keine Zeit mehr? Geh ins Bett Jason.“
Meine Mutter dreht sich um und geht zurück in Ihr Schlafzimmer.
Gerade als ich mein Handy aufhebe, um auch wieder zurück zu gehen, sehe ich einen großen Schatten vom Esszimmer auf mich zukommen. Ich leuchte dort hin.
Nix. Gar nichts! Ich habe Halluzinationen.
Doch dann packt mich etwas an meiner Schulter. Es fühlt sich hart an und verdammt ekelig.
Ich versteife zum Glück nicht und laufe so schnell ich kann zu meiner Mutter.
„Mama schnell, da ist was in der Küche, es hat mich angepackt. Da sind Einbrecher hol die Polizei schnell!!“
Meine Mutter wirkt eher gelassen, nimmt sich Ihre Taschenlampe, welche deutlich heller ist und
beleuchtet das Ess und Küchenzimmer. Nichts zu sehen.
Ich fürchte ich habe es mir wirklich eingebildet und gehe zurück in meinem Zimmer.
7 Uhr:
Mein Handy reißt mich aus dem Schlaf. Es ist Andy und er hat mir ein weiteres Mal eine WhatsApp geschrieben.
*Ich habe neue Infos wegen Amy.*
*Was denn? Erzähl!!* ich merke wie ich immer mehr zittere.
*Also folgendes: Amy starb an einem Herzinfarkt, warum weiß aber keiner so genau.*
Sie starb an einem Herzinfarkt? Ich beinahe auch.
*Ach du scheiße, das ist alles so surreal.* mehr kann ich nicht schreiben.
Ich beschließe erneut das Internet zu befragen. Leider finde ich keinerlei Berichte von Leuten, die vor dem Kühlschrank starben, weil sie einen Herzinfarkt erlitten hatten.
Ganz schön merkwürdig.
„Jason, aufstehen!“
„Ja Mama, noch 5 Minuten.“ Oder auch 10.
*Jason komm mal bitte vorbei, ich habe da so einiges gefunden.*
Es ist Andy. Anscheinend war er erfolgreicher im googlen.
Auf dem Weg dorthin fallen mir tausende Gründe ein, warum man vor dem Kühlschrank
so sterben könnte. Vielleicht hat Amy den Kühlschrank geöffnet und eine Stimme sagte:
<< Komm mit nach Nania >> oder Sie sah, dass das Licht im Kühlschrank doch ausgeht.
Oder vielleicht wollte Sie gar nicht zum Kühlschrank und das war wirklich die Rache der
Kühlschränke.
„Jason, du stehst vor meiner Türe aber klingelst nicht?“ grummelt Andy vor sich hin.
„Sorry. Ich dachte ich hätte etwas vergessen.“
„Hast du dein Handy dabei?“
„Ja. Warum?“ frage ich erstaunt.
„Was willst du dann vergessen haben? Handys sind unsere Herzschrittmacher. Mehr brauchen wir nicht.“ Sagt Andy ohne auch nur eine Miene zu verziehen.
Dummerweise habe ich jetzt die Vorstellung, dass Amy ihr Handy nicht mehr gefunden hat und deswegen einen Herz.. ach ich sollte damit aufhören.
„Siehst du Jason, hier auf der Webseite stehen die Gründe für einen Herzinfarkt.
„Ja, das habe ich heute auch schon gesehen Andy. Aber darauf passt nichts zu Amy.
„Genau. Das ist ja das Merkwürdige daran. Vielleicht ist es doch unheimlicher als wir denken.
Wir beide studieren die Seite durch und durch. Doch wir finden keinerlei Hinweise.
„Vielleicht waren Einbrecher dort und haben Sie erschreckt“ meint Andy.
„Nein. Das wäre sicherlich einem Beamten aufgefallen.“ Erwidere ich ziemlich selbstsicher.
„Andy könntest du bitte mit dem Hund gehen jetzt?“ schreit Andys Mutter hoch.
„Nein geht leider nicht. Jason ist auch hier und der hat Angst vor Hunde.“
„Stimmt doch gar nicht.“ Flüstere ich zu Andy.
„Sei ruhig.“
„Okay. Dann bist du aber morgen auf jeden Fall an der Reihe, Andy!“
Wir überlegen uns noch diverse Theorien aber keine ist wirklich übertragbar.
Es ist mittlerweile schon 8 Uhr und ich mache mich auf dem Heimweg.
„Hay Mum“ rufe ich durchs Haus.
Stille.
„Mum?“
Komisch. Ich gehe die Zimmer durch, doch meine Mutter scheint nicht zu Hause zu sein.
Aber würde Sie wirklich gehen ohne mir einen Zettel zu hinterlassen?
„Hay hier ist Jason, ruf mich zurück.“ Spreche ich ihr auf der Mailbox.
Ich gehe hoch ins Zimmer und schaue nach, was sich so im Internet getan hat.
„Amy. Ich weiß wir kannten uns nicht lange, aber du warst immer in meinem Herzen. Auch jetzt noch. Du lebst in mir weiter.“ – geschrieben von Anonym.
Ich lese den Satz zwei Mal. Verstehen tu ich ihn zwar auch beim dritten Mal nicht, aber umso unheimlicher wird es.
Ich gebe ähnliche Sätze bei Google ein. Nichts. Kein normaler Mensch würde so was schreiben. Oder ist er vielleicht gar kein deutscher? Und warum hat er einen anonymen Account.
*Andy, schau dir das mal an*
Ich hoffe er liest es schnell. Er hat die Lesefunktion ausgeschaltet. Ich hasse es.
„Jason, komm schnell runter!“ ruft meine Mutter.
Sichtlich erleichtert laufe ich die Treppen runter. Na gut springen würde eher zutreffen.
„Du sollst nicht springen!“
„Entschuldigung, bin gestolpert.“ Die Ausrede geht eigentlich immer.
„Hier, ich habe uns nochmal was vom Italiener bestellt. Darauf hatte ich nochmal richtig Lust.“
Das Essen war lecker. Wie immer dort eigentlich.
*pieep*
Na endlich, Andy wird sich gemeldet haben.
*Glückwunsch, Sie haben ein Iphone 6 gewonnen. Klicken Sie für Ihren Gewinn*
Ernsthaft? Theorie Nummer 16 warum Amy starb: Sie gewann kein Iphone 6, sondern zahlte lediglich die hohe Abofalle und bekam darauf dann einen… ich bin pervers.
*Andy schreib endlich* vielleicht hilft es ja.
Am Essenstisch unterhielt ich mich mit meiner Mutter über diverse Themen, von Schule und Beruf über Amy und wieso man eigentlich stirbt.
In der Schule angekommen merkt man den Verlust eines Mitschülers am stärksten.
Man hat das Gefühl, dass keiner wirklich dabei ist.
„Guten Morgen.“ Begrüßt uns unser Vertretungslehrer Herr Stamm
„Guten Morgen“ murmelt die Klasse.
„Heute wollen wir uns mit dem Thema Wahrscheinlichkeitsrechnung auseinandersetzen.“
„Weiß denn schon jemand was das in etwa sein könnte?“ fragt Herr Stamm.
„Das ist doch ehm zum Beispiel, wenn man jetzt ich sage mal, oder wenn wir davon ausgehen
könnten, dass Ich meine, wir“ – haspelt Florian.
„Möchte jemand anderes vielleicht?“ wendet der Lehrer ein. Irgendwie eine coole Aktion.
„Wenn du mich kein Geld gibst, haue ich dir in die Fressä. Das ist 100 Prozent wahrscheinlich.“ Schmeißt Vincent in den Raum.
„So in etwa.“ Sagt Herr Stamm, sichtlich erstaunt.
Es klopft an der Tür.
„Herein“ sagt Herr Stamm und einige vorlaute Schüler.
„Guten Morgen, ich wollte nur kurz Bescheid sagen, dass morgen der Gottesdienst
anlässlich Amys Tod ist. Seid dennoch stark, sie lebt in uns weiter.“ Sagt Herr Moll.
Wir nicken und er geht auch schon wieder heraus.
Plötzlich wird mir der letzte Satz klar < Sie lebt in uns weiter >, dass schrieb doch der Anonyme Typ auch. Gibt es zusammenhänge?