Ja, ich weiß. Alle warten nur darauf, dass endlich der nächste Ableger von einem der erfolgreichsten Spielereihen angekündigt wird. Schließlich liegt der Release von Grand Theft Auto 5, dem nicht fünften (sondern elften) Teil der Reihe, schon ziemlich lange zurück. Wir schrieben das Jahr 2013, September der 17. Aber warum zum Teufel muss ausgerechnet jetzt das Ausmaß an Schwachsinnsleaks so extrem zunehmen?
Das ist eine Kolumne. Wenn euch (m)eine Meinung verstört; bitte nicht weiterlesen! Ihr wurdet gewarnt.
Und da GTA so eine unfassbar beliebte Reihe ist, wundert es keinen, dass hier besonders die Gerüchteküche kocht wie … wie … Ach, scheiß auf den Vergleich. Bisher war es auch nicht wirklich schlimm. Es gab eher selten mal einen Artikel dazu, was wie und wo sich der neue Ableger ansiedeln wird. Story? Unbekannt. Schauplatz? Unbekannt. Name? Unbekannt. Release? …
Aber in den letzten Wochen scheinen die Gerüchte-Verbreiter und Regenbogenpresse des Games-Journalismus auf wirklich jeden Leak-Zug aufzuspringen, den sie irgendwie erwischen können. Es gibt aktuell keinen Tag (vielleicht schon mal einen Tag, aber wirklich wenige) an dem es aktuell keine neue Nachricht bezüglich ABSOLUT GEFESTIGTER INFORMATIONEN gibt.
Ihr glaubt mir nicht, dass das alles gefestigte Informationen sind? Gut, denn das wollen euch einige wahr machen. Wo sollte nicht schon überall der neue Ableger spielen. Japan, Europa (bevorzugt wurde London genannt und ich meine sogar, dass einmal Berlin als Stadt genannt wurde), natürlich die üblichen Verdächtigen: Liberity City, noch einmal Los Santos, Vice City, oder gleich alle zusammen als monströse Open-World. Ich erstelle mir jetzt 'n Account auf reddit (oder benenne mich einfach um dort?) und poste einen sehr authentischen Fake und behaupte: GTA 6 spielt in der Antarktis. Ich wette, irgendeine Klatschseite springt auf den Zug auf, sofern denn genug Attention auf den Thread gezogen wird.
Jetzt war plötzlich wieder London heiß im Geschäft. Denn, so scheint es, hat Rockstar Games eine Förderung für Videospiele in Form von Steuerbegünstigung dort erhalten. Das erhalten viele Entwickler, sofern sie aus Great Britain stammen oder ein Spiel entwickeln, dass GB thematisiert. Daher die Schlussfolgerung: GTA 6 muss jetzt definitiv wieder dort (wieder, weil einst GTA: London 1969 als Mission Pack erschien im April 1999) stattfinden. Diese "Games-Förderung", die Rockstar Games auf dem Inselstaat erhielt, ist aber nicht wirklich brandheiß und aktuell, aber wurde erst sehr kürzlich neu aufgegossen. Rockstar Games hat sich aber schon Anfang des Jahres zu der Thematik geäußert (siehe Verlinkung): Das Geld fließt in die Studios, die in Großbritannien ansässig sind. Darunter zum Beispiel Rockstar North aus Schottland. Es wurden, laut Rockstar, sogar 1.000 neue Arbeitsplätze geschaffen. Großartig.
Doch wer servierte uns diese seit Monaten abgelaufene Suppe? Es war futurezone.de – und nein, von denen habe ich auch bis dato noch nie gehört. Der Artikel erschien am 6. April 2020. Also etwas später als die Nachricht über Rockstars Stellungnahme, vom Januar 2020. Eine zeitlich ziemlich große Diskrepanz. Aber who knows, vielleicht haben die guten Kollegen von futurezone ja doch noch etwas spektakulär Neuartiges entdeckt ... Was rede ich hier eigentlich, jeder weiß, dass dem nicht so ist. »HAT SICH ROCKSTAR ETWA VERPLAPPERT« wird etwa getitelt. Und später in einer Absatz-Überschrift heißt es sogar richtig dreist: »GTA 6 bestätigt: Rockstar steckt mitten in der Entwicklung«. Und da werft Ihr mir Clickbait vor? Pah.
Futurezone erwähnt zwar die auch schon von mir erwähnte Games-Förderung: »Im Rahmen des Programms können sich Videospielentwickler in Großbritannien auf Steuerfreiheit bewerben.« Und mehr wissen die guten Leute bei futurezone.de eben auch nicht, hauptsache aber, man kann alles als bestätigt darstellen. Viele Monate zu spät und nachdem die Diskussion längst vergessen war. Was aber hat das mit »Verplappern« zu tun? Hätte Rockstar etwa solche Finanzspritzen verheimlichen sollen? Vielleicht ist es aber das Geschäftsmodell von futurezone, möglichst wenig dem Finanzamt über die eigenen Geldflüsse offenzulegen und daher ist man davon ausgegangen, dass das Rockstar sicherlich auch so handhabt. Und warum gleich ist Rockstar nun in Erklärungsnot? Sie haben sich doch längst erklärt. Was futurezone entweder absichtlich oder unbewusst verheimlicht. Vielleicht fehlt auch der nötige Grips, tatsächliche Recherche zu betreiben, ich weiß es nicht. Wären sie nämlich dazu in der Lage, wäre der Artikel nie erschienen. Am Ende behauptet man sogar, es stehe einem ein »beispielloses Spielerebnis bevor« in London ... Was komisch ist, weil ja gar nicht London als Schauplatz erwähnt wurde und Rockstar schon für vorherige GTA-Teile Finanzspritzen erhielt. Aber stimmt, GTA 5 spielte in Ben City und in einer Mission mussten wir die Monarchie stürzen, ich erinnere mich. Man, wie doof von mir. Die Dreistigkeit nimmt ihren finalen Lauf, als man ein uraltes und völlig beknacktes Gerücht teilt am Ende vom Artikel: » Händler nennt wahren Termin« oder wie der Artikel eben hieß. Hier heißt es kurz und knapp: GTA 6 erscheint definitiv 2020, wird drei Versionen beinhalten und ... All das nur, weil ein unbekannter Händler in einem unbekannten Land aus Versehen angeblich GTA 6 in seinem Shop gelistet hatte. Wie oft hatten wir solch Schwachsinn schon? Oft genug.
GTA 6 kann so oder so relativ sehr genau definitiv unwahrscheinlich (das war bewusst) nicht in London spielen: Dan Houser, der kürzlich das Studio verlassen hat, kommentierte das Gerücht schon vor Ewigkeiten und hat widersprochen. Zu einer Zeit, zu der GTA 6 vermutlich schon in einer frühen Phase der Entwicklung war. »So interessant London auch sein mag, es wird wohl nicht das richtige Setting für zukünftige GTA-Spiele sein. […] Es gibt sicherlich einige, großartige Geschichten, die wir in [GB] erzählen könnte […] aber es wird wohl kein GTA-Spiel werden.«
Hätten wir also endlich mit dem Gerücht »London« aufgeräumt? Gut. Andere Leaks haben sich aber neuerweise die letzten Tage wie Sand am Meer in meiner Timeline aufgetan. Ein altes Foto von LeBron aus dem Jahre 2003 soll angeblich das Vice City Setting bestätigt haben … Wie viel Quatsch man im Hirn haben muss, um darauf zu kommen, ist mir nicht ersichtlich. Das Bild tauchte auf auf dem Instagram-Account "nbaoncourt", verifiziert aber nicht der offizielle NBA-Account. Ja, sogar Rockstar Games hat ein Herzchen verpasst auf das Foto – weil GTA Vice City auf dem Tisch liegt und es dann erneut re-posted in der Story. Toll, das bestätigt jetzt ziemlich viel.
Besser gesagt, gar nichts. Doch andere News-Outlets wie wa.de (ebenso nie gehört von) behaupten, dass Rockstar Games dieses Bild hochgeladen hat. Was nur zum Teil stimmt. Sie vergessen schlicht zu erwähnen, dass das Bild erst auf nbaoncourt veröffentlicht wurde, was auch nicht stimmt, weil das Bild von 2003 seit 2003 auch schon mindetestens Zweitausenddrei Mal hochgeladen wurde. Habe ich nachgezählt, weil ich sonst nichts besseres zu tun habe bei Corona. Und dann fällt mir bei meiner zeitgleich geschehenden Recherche auf, dass noch eine Seite, fnp.de, ebenfalls exakt den gleichen Schmarn behauptet wie wa.de. Und jetzt wird einiges klar: Sie alle gehören unter einer Decke und treiben hier ihre wirklich abartigen Spielchen. Zusammen bilden sie die Ippen-Digital-Zentralredaktion. Und alle verlinken sie auf ingame.de, dem Verursacher könnte man vermuten. Die sind diesmal wenigstesn klug genug am Ende zu erwähnen, dass einige (also die meisten und damit meine ich alle auf Reddit) sich sicher sind, dass das alles nur ein kluger PR-Schachzug ist, um Aufmerksamkeit zu generieren. ingame.de freut sich, denn dadurch können sie noch mehr Klicks generieren.
Vice City als Setting ist am Ende durch dieses Foto, wo LeBron mit Vice City zu sehen ist, so unbestätigt wie die meisten Fälle von Corona aktuell. Scheiße, jetzt habe ich doch einen schlechten Vergleich gerissen.
Aber wir sind noch lange nicht am Ende. Schließlich gibt es da noch einen Schauspieler. Dieser Schauspieler »Jorge Consejo« soll laut ComputerBILD einen Charakter namens »Der Mexikaner«. Alles soweit in Ordnung. ComputerBILD befeuert ausnahmsweise nicht die unnötige Debatte des Settings von GTA 6. Der Schauspieler soll, laut seinem Lebenslauf, bei Motion-Capture-Aufnahmen für Rockstar Games tätig gewesen sein, vor zwei Jahren. Als Titel des Projektes nennt er heir GTA VI. Auf Twitter wurde er vielfach darauf angesprochen, mag sich aber wegen Vertragseinzelheiten nicht dazu äußern. Es könnte hier tatsächlich sich um einen Fakt handeln. Aber ... Was sagt uns ein Schauspieler, der bei Motion-Capture-Aufnahmen gefilt wurde? Nichts.
WÄRE DA NICHT DIESES VERDAMMTE … Verzeihung, wäre da nicht dieses verdammte Redaktionsnetzwerk Ippen. Die sagen dreist: Mexiko wurde als Setting bestätigt. Weil ein Charakter namens "Der Mexikaner" vermutlich bestätigt wurde durch den eben genannten Schauspieler. Nein, was. Echt? Nein. Natürlich nicht. Vielleicht handelt es sich bei den Mexikaner aber gar nicht um einen Mexikaner, wird aber von allen Mexikaner genannt, heißt in Wahrheit aber Fernando Sucre und ist Puerto Ricaner. Wer weiß, vielleicht ist GTA 6 die offizielle sechste Staffel von Prison Break.
Aber ingame.de wäre nicht ingame.de wenn ingame.de nicht einen anderen und älteren Artikel von ingame.de in ihrem Artikel verlinken, um ihrer waghalsigen Theorie doch noch Aussagekraft zu verleihen. Denn, vielleicht wissen das einige schon, vor geraumer Zeit tauchte das Bild einer Rennstrecke in GTA Online auf. Dies Umrisse der Rennstrecke sollen angeblich verdammt viele Ähnlichkeiten zu den Landesgrenzen von Nordamerika auf östlicher Seite haben. Und mit viel Fantasie kann das stimmen; das könnten die Länderumrisse von Nordamerika sein. Und da unten ist sogar die Grenze zu Mexiko. Und der Schauspieler spielt einen Mexikaner. Alles fügt sich zusammen ... Blödsinn, die Theorie ist natürlich noch löchriger als dass Corona 'n Fake ist oder alle 10 Minuten ein Schluck Wasser dich heilt.
Das weiß auch ingame.de und stellt im letzten Absatz klar: »Bestätigt ist dies Seiten Rockstar Games natürlich noch nicht. Jorge Consejo könnte natürlich auch ein Mexikaner sein, der überall anders auf der Welt lebt.« … Unfassbar. Wer hätte gedacht, dass das nicht auch einfach so irgendein Mexikaner ist. Die es ja nicht zu knapp in den USA gibt, wo sie doch direkt an Mexiko grenzen.
Aber kommen wir nochmal auf diese Karte zu sprechen. Wir sehen, was wir sehen wollen. Unser Gehirn kann das sehr gut. Man nehme nur den Mond: Manche sehen ein Gesicht. Ich sehe da nur große Krater. Früher sah man Meere, die Chinesen einen Hasen … Und ich hätte bei der Rennstrecke nie amerikanische Außengrenzen erwartet. Und Rockstar Games wohl nie daran gedacht, dass das dem ähnlich kommt. Mit viel Fantasie kann man aber wirklich die Ostküste Nordamerikas erkennen. Aber echt, nur mit sehr viel Fantasie. Und die Leute wollen eben ihre riesige Map bestätigt wissen, sie wollen Vice City dazu haben ... Also haben sie genau das in dem Bild gesehen. In den Umreissen der Rennstrecke.
Und dann gibt es da noch ein Bild, dass irgendwie irgendwo laut ingame.de im Netz kursiert. Ich bin es schon leid, die Artikel auch nur im Ansatz ordentlich zu lesen. Fakt ist, dieses Bild zeigt eine vermutlich untergehende Sonne, unten ein billig platziertes Rockstar Games Logo und … Ja, das soll jetzt GTA VI sein, oder wie? Das ganze Bild ist so unfassbar verpixelt und blurry … Man fragt sich, wie auch andere News-Portale auf diesen Leak-Zug aufspringen konnten, während sich die Reddit-Community genau darüber lustig macht: Wie können Leute nur darauf reinfallen? Entweder weil sie doof sind, oder weil sie unfassbar Geldgeil sind. Ingame würde wohl sogar Fake-News über Corona als Wahrheit verkaufen, nur für die extra Portion Klick. Na ja.
Nun bin ich aber müde und möchte mich in dieser sinnlosen Kolumne nicht weiter über angebliche Leaks zu GTA 6 aufregen. Ich schließe nur mit dem Zitat vom GTA-5 Schauspieler Ned Luke, der Micheal De Santa sprach. Am 3. April sagte er im Instagram-Livestream zusammen mit Shawn Fonteneo (Franklin) »Die Leaks sagen GTA 6 spielt in Vice City. Wie kommen die Leute an all diese Informationen? […] Leute versteht ihr nicht? Glaubt an nichts was ihr im Internet seht!«
Das Redaktionsshitwerk Ippen hat übrigens exakt über seine Worte berichtet. Ja, genau. Die haben einen Artikel geschrieben, wie sich Ned Luke über die ganzen Leaks echauffiert. Und im gleichen Atemzug bewerben sie einen weiteren Artikel, der exakt aus diesen Schwachsinn-Leaks versucht, die Wahrheit zu kreieren. Man möchte durchdrehen. Habt ihr es nicht gecheckt? Ned Luke redet auch mit euch ... Ja, mit EUCH!
Bleibt gesund.
[Dieser Artikel entstand in zunehmend verrücktmachender Corona-Quarantäne, keine Haftung für Qualität.]