Das Hackerkollektiv Anonymous ist dem mexikanischen Drogenkartell «Los Zetas» schon länger ein Dorn im Auge, weil sich die Hacker bisher nicht an die mit Gewalt auferlegte Medienzensur der Zetas gehalten haben. Denn in Mexiko wagt schon lange praktisch niemand mehr, über die wohl brutalste und grösste Verbrecherorganisation des Landes zu schreiben – ausser Anonymous, das über Twitter und andere Internetkanäle immer wieder Meldungen über die Machenschaften der Zetas verbreitet.
Um die Hacker zum Schweigen zu bringen, soll die Verbrecherorganisation einen Anonymous-Anhänger im mexikanischen Bundesstaat Veracruz entführt haben. Womit das Drogenkartell nicht gerechnet hatte: Die Hackergruppe hat es gewagt, sich zu wehren. In einem auf der Internetplattform Youtube.com veröffentlichten Video stellt ein Anonymous-Sprecher den Zetas ein Ultimatum: Sollte der entführte Hacker bis zum 5. November nicht frei sein, werden die Namen, Fotos und Wohnadressen von Polizisten, Journalisten und anderen Personen enthüllt, die für die Verbrecherorganisation arbeiten sollen.
«Wir vergessen nicht, wir verzeihen nicht»
Die im Video gestellten Forderungen sind klar. Wie der maskierte Sprecher verlauten liess, sind die mexikanischen Anonymous-Mitglieder der Repressalien der Zetas müde und sie sind wütend, dass die Verbrecherorganisation das mexikanische Volk terrorisiert. Und sie sind wütend auf die Journalisten, Politiker, Taxifahrer und Polizisten, die allesamt «Feiglinge sind und zu den treuesten Dienern dieser Arschlöcher geworden sind». Bisher hätten sie keine Namen genannt, obwohl ihnen diese bekannt seien, doch jetzt wären sie bereit, es zu tun.
«Es war ein grosser Fehler, einen von uns zu nehmen. Lasst ihn frei», fordert der Sprecher. Sollte er nicht frei kommen oder ihm etwas zustossen, so «werdet ihr Hurensöhne für immer diesen 5. November in Erinnerung behalten». Seine knapp zweiminütige Rede beendet der Sprecher mit den Worten: «Wir sind eine Legion. Wir vergessen nicht, wir verzeihen nicht, macht euch auf etwas gefasst.» Dass es den Hackern durchaus Ernst mit ihren Drohungen ist, bewiesen sie am Wochenende: Sie hackten die Homepage des ehemaligen Staatsanwaltes Gustavo Rosario Torres. Wer die Seite anklickt, liest da: «Gustavo Rosario Torres ist ein Zeta.» Weg- oder weiterklicken ist nicht möglich.
Wer über Los Zetas schreibt, wird umgebracht
Sollte die Video-Botschaft tatsächlich vom Anonymous-Kollektiv stammen, so kann man diese Aktion schon fast revolutionär nennen. Denn der Maulkorb, den die Zetas mit ihrer Schreckensherrschaft in den letzten Jahren den Medien verpasst haben, sitzt straff. Wer es dennoch wagt, sich gegen die Zensur aufzulehnen, und über die Zetas schreibt, muss mit dem Tod rechnen. Wie im Fall der Journalistin Maria Elizabeth Macias Castro: Sie hatte trotz Drohungen immer wieder über die Machenschaften des Kartells in der Tageszeitung «Primera Hora» berichtet: Ende September wurde der enthauptete Körper nahe der Grenzstadt Nuevo Laredo im nördlichen Bundesstaat Tamaulipas gefunden. Neben der Leiche lag ein Bekennerschreiben der Zetas: «Ich bin das Mädchen aus Laredo und ich bin hier wegen meiner Berichte. Für jene, die es nicht glauben wollen: Dies ist mir wegen meiner Aktionen widerfahren.» Castro ist eines von rund 50'000 Opfern, die der mexikanische Drogenkrieg bisher gefordert hat.
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